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Warum für die Kultur kandidieren?

Publiziert in der März-Ausgabe 2019 des «041 Kulturmagazin» (Überdacht-Kolumne)

Bild: «041 –Kulturmagazins»

Bild: «041 –Kulturmagazins»

Warum denn nicht, war mein erster Gedanke, als ich eingeladen wurde, eine Replik auf die Frage «Warum für die Kultur kandidieren?» zu formulieren. Politisches Engagement lohnt sich per se und im kulturellen Bereich sowieso.

Doch dann habe ich mich ertappt: Ich selbst kandidiere ja auch nicht. Und das obwohl ich Politikfan bin und durchaus eigene Überzeugungen habe. Es muss also auch gute Gründe dafür geben, nicht zu kandidieren – nicht für die Kultur und auch nicht für andere Anliegen.

Im Parlament ist man nur eine von vielen Personen. Im Luzerner Kantonsrat gäbe es noch 119 andere. Ein Parlamentsmandat ist nicht einfach mit dem Beruf und der Familie zu vereinbaren. Und das parlamentarische Politisieren ist herausfordernd: poltern für die Medien, verhandeln für den Kompromiss, Kröten schlucken für den Fraktionsfrieden.

Zudem passiert Politik nicht nur im Rat. Gezieltes Lobbying kann effizienter sein. Kulturschaffen selbst kann politisch sein. Verbandsarbeit ist es auch. Dann gibt es Abstimmungen, an denen man sich beteiligen kann. Und natürlich gibt es Wahlen, bei welchen man seinen bevorzugten Politikerinnen und Politikern die Stimme geben kann.

Nur haben alle diese Gründe einen Haken: Ohne kulturengagierte Parlamentarierinnen und Parlamentarier geht es auch nicht. Die Idee eines Parlaments ist es gerade, die Interessen der Bevölkerung in den politischen Prozess einzubinden. Wenn die Kultur dort nicht vertreten ist, fehlt sie an einem wichtigen Schalthebel der Macht.

Liebe Kulturschaffende, kandieren Sie also für ein politisches Amt. Denn wir sind privilegiert. Sie können in der Schweiz nicht nur frei künstlerisch tätig sein – auch wenn Sie den Staat kritisieren, können Sie Fördergelder erhalten (ausser vielleicht Filmschaffende im grössten Zentralschweizer Kanton). Und: Sie können sich parlamentarisch engagieren, ohne dem Staat hofieren zu müssen.

Sind sie einmal gewählt, können Sie die Rahmenbedingungen für Ihren Beruf selbst mitbestimmen. Sie entscheiden mit, wie viel Geld in die Kultur fliesst, nach welchen Kriterien die Gelder verteilt werden oder welche Leistungen Kulturhäuser zu erbringen haben. Es muss dabei nicht zwingend der Kantonsrat sein. Wären Sie beispielsweise im Stadtparlament, hätten Sie die höheren Subventionen für das Kleintheater oder das Neubad unterstützen können. Und Sie könnten in Bälde über die Leistungsvereinbarung zwischen der Stadt Luzern und dem Südpol befinden.

Oder ist Ihnen das Wort Leistungsvereinbarung an sich ein Graus? Als Parlamentsmitglied könnten das Verhältnis von Staat und Kultur auch ganz grundsätzlich beeinflussen. Vielleicht wäre es Ihr Vorstoss, der zu neuen Instrumenten in der Kulturförderung führt.

Mein Aufruf soll aber nicht als exklusive Aufforderung für Kulturschaffende verstanden werden. Ich motiviere alle Personen, denen die Kultur am Herzen liegt, zu kandidieren. So, wie ich alle Menschen motiviere, sich für konstruktive und demokratische Überzeugungen politisch einzusetzen. Wir haben in der Schweiz ein Privileg. Nutzen wir es alle.

PS: Und wenn Sie nicht kandidieren, gehen Sie am 31. März wenigstens wählen. Denn um am Wahltag zuhause zu bleiben, dafür gibt es definitiv keinen guten Grund!